Isny ist mit seinem mittelalterlichen Stadtkern ein besonders hübsches Städtchen und hat für Kultur- und Geschichtsfans einiges zu bieten. Sehr gut gefallen hat mir die Führung durch das Museum im Wassertor, bei der man sich vom Verlies im untersten Geschoss bis zur ehemaligen Türmerwohnung nach oben und damit durch die Stadtgeschichte bewegt. Die Führung fand anlässlich des Frühlingsmarktes zum ersten Mal in diesem Jahr statt, ansonsten wird sie von Mai bis Oktober jeden dritten Samstag im Monat um 14 Uhr angeboten (Kosten: 3 Euro).
Eine Führung durch das Wassertor-Museum in Isny
Durch das Wassertor gelangt man von Nordosten, aus der früheren Wasservorstadt, in die Altstadt. Erbaut wurde es im 13. Jahrhundert, als Isny seine Stadtmauer erhielt.
Der Eingang zum Wassertor-Museum liegt hinter dem Tor auf der linken Seite, auf der Rückseite der Nikolaikirche und oberhalb des Torbogens.
Gehe zuerst ins Gefängnis …
Die Führung beginnt im Verlies. Das hatte früher gar keine Tür, sondern nur ein Loch in der Decke, durch das die Gefangenen abgeseilt wurden. Von dieser Praxis stammt übrigens der Ausdruck „jemanden ins Loch stecken“.
Den Gefangenen, die in diesem ungemütlichen und kalten Raum teilweise mehrere Wochen lang ausharren mussten, war verständlicherweise recht langweilig. Außer der Kreuzigungsszene an der Wand gab es nichts zu sehen und zu tun gab es auch nichts. Deswegen verzierten sie die Wände mit diversen Graffiti. Von manchen kennt man die Geschichte.
Mathias Gebhart zum Beispiel wurde 1623 auf die Klage eines Isnyer Bürgers ins Loch gesteckt. Er hatte nämlich die Tochter des Klägers geschwängert, wollte sie aber nicht heiraten. Nach vier Wochen im Loch überlegte er sich anders und willigte doch ein, das Mädchen zu ehelichen.
Der Herr, der sich einige Jahrzehnte früher recht fidel mit seinem Trinkpokal an der gegenüberliegenden Wand verewigt hatte, saß möglicherweise wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit ein. Zeit zum Ausnüchtern hatte er offensichtlich genug, jedenfalls hinterließ er eine eine ziemlich detaillierte Zeichnung.
Früher führte der Eingang in den Turm über eine Holzstiege auf der Außenseite in den ersten Stock. Heute gelangt man dorthin über die nachträglich eingebaute Treppe aus dem Verlies.
Drei Etagen Stadtgeschichte
Die Ausstellung im ersten Stock widmet sich der Feuerwehr(geschichte). Im Mittelalter mussten die Bürger selbst zum Löschen ran, denn eine eigentliche Feuerwehr gab es nicht. Jeder Haushalt verfügte über einen Löscheimer, so dass bei Bedarf eine Löschkette gebildet werden konnte. Solche Löscheimer (in der Wandnische) waren damals übrigens beliebte Hochzeitsgeschenke.
Dass die Feuerwehr oft nicht viel ausrichten konnte, bekam die Stadt Isny beim großen Brand von 1631 schmerzhaft zu spüren, der 80 Prozent der Gebäude zerstörte.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten sich eigene Feuerwehrvereine, oft aus bestehenden Turnvereinen heraus. Um mit dem damaligen Gerät hantieren zu können, musste man wohl auch ganz schön sportlich sein. Falls ihr euch für Feuerwehrgeschichte und -geräte interessiert, empfehle ich euch übrigens einen Besuch im Feuerwehrmuseum in Kaufbeuren.
In den beiden nächsten Stockwerken geht es um den Wirtschaftszweig, der Isny im Mittealter reich gemacht hatte: den Flachsanbau und die Leinenweberei. Von der Ernte der Flachspflanzen bis zur Erzeugung eines Flachszopfes, der am Spinnrad weiterverarbeitet werden kann, sind erstaunlich viele und aufwendige Arbeitsschritte erforderlich.

Bei dieser Führung hatten wir das Glück, den Webstuhl in Aktion vorgeführt zu bekommen, nämlich von der Weberin Stefanie Jacobi. Von ihren Erklärungen habe ich nicht sehr viel verstanden, denn die Sache mit dem Webstuhl, den Kettfäden, den Pedalen und dem Muster ist wesentlich komplizierter als ich es von meinem Schulwebrahmen kannte. Aber die Vorführung war sehr beeindruckend und das Ergebnis (ein weißes Handtuch mit Borte) sehr hübsch.
Zimmer mit Aussicht
In den beiden obersten Etagen des Wassertor-Turms lebte bis 1959 noch eine Familie, und zwar ohne fließendes Wasser. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen. Obwohl die kleine Wohnung im obersten Stock schon gemütlich aussieht.
Toll ist natürlich der Blick auf Isny aus dem Turmzimmer – aber den habt ihr oben im Titelbild ja schon gessehen. Im Hintergrund seht ihr übrigens den kleinen Skihang von Isny; letzten Winter war er gut frequentiert.
Kleiner Rundgang durch Isny
Auch sonst gibt es im Städtchen manch hübschen Winkel zu entdecken. Etwa die Reste der Stadtmauer (hier am Espantor),
den kleinen Kurpark,
oder die Altstadtgassen mit Blick auf den Blaserturm.
Falls ihr euch für sakrale Kunst interessiert, solltet ihr auch einen Blick in die Kirche St. Georg und Jakobus werfen, die mit einer üppigen Rokoko-Ausstattung aufwartet.
Mir persönlich hat die wesentlich schlichtere evangelische Nikolaikirche mindestens genauso gut gefallen.

Hier liegt auch der Zugang zur berühmten Predigerbibliothek. Sie kann ebenfalls nur im Rahmen einer Führung besucht werden, die aber jeweils an anderen Tagen stattfindet als die Führung durchs Wassertor-Museum.
Sehr sehenswert sind auch die Museen im Schloss Isny: In der Kunsthalle haben die Werke Friedrich Hechelmanns einen passenden Rahmen gefunden. In der Städtischen Galerie werden wechselnde Ausstellungen gezeigt.
