Kultur und Genuss
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Die Liebenthannmühle: Von der Ruine zum Ruheplatz am Wasser

Die Liebenthannmühle im Günztal

So ist das manchmal bei uns im Allgäu: Da mussten erst Auswärtige, noch dazu richtige Württemberger Schwaben, kommen, um mit viel Liebe, Geduld und Geld aus einer unansehnlichen Ruine ein Schmuckstück zu machen, das zu einem meiner Lieblingsausflugsziele geworden ist.

Hinweis im Mai 2023: Das Ehepaar Haid ist seit diesem Jahr im Ruhestand und das schöne Ausflugslokal damit leider geschlossen.

Bezauberndes Günztal zwischen Obergünzburg und Ronsberg

Das Günztal zwischen Obergünzburg und Ronsberg ist schon seit Jahren ein beliebtes Ziel für Wanderer und Radler, weil es ein sehr hübsches Naturschutzgebiet ist, in dem die Günz noch ganz unordentlich und eigenwillig vor sich hin mäandert und die angrenzenden Feuchtwiesen nur sehr schonend landwirtschaftlich genutzt werden. Im Wald auf der Westseite kann man noch ein paar Mauern des früheren fürstäbtlichen Schlosses Liebenthann aus dem 13. Jahrhundert finden.

die Liebenthannmühle im Günztal

Der Günztal-Wanderweg führt am Wald entlang. Ganze zwei Gebäudeensembles finden sich entlang dieses Wegs. Eines ist ein noch aktiver Bauernhof, das andere kannte ich lange Jahre nur als unansehnliche Häufung verlassener und verfallender Häuser und Schuppen, von der es hieß, es sei einmal eine Mühle gewesen. 2004 lasen wir in der Zeitung, ein Ehepaar hätte diese Ruinen gekauft und plane, dort ein Ausflugslokal zu eröffnen. Dann hörte man lange nichts mehr, bis irgendwann zu lesen war, die Renovierungsarbeiten zögen sich noch hin. 2009 aber war es soweit, das Ehepaar Haid eröffnete tatsächlich ein Ausflugslokal in den renovierten Ruinen.

Vorbildlich restauriert: die Liebenthannmühle

Natürlich wollten wir, wie alle anderen Bewohner der Umgebung, uns mal ansehen, was diese Auswärtigen da gemacht hatten. Und, was soll ich sagen: Es war Liebe auf den ersten Blick! Die neu erstandene Liebenthannmühle birgt heute ein sehr einladendes Ausflugscafé mit einer gemütlichen Stube und einer idyllischen Terrasse an der Günz. Der Blick über die Günz und die Wiesen auf die Berge allein ist so schön, dass man davon satt werden könnte. Wem das zu wenig ist, der bekommt auch Kaffee, sehr guten Kuchen und ordentliche Brotzeiten.

Mühlkanal und Cafétische an der Liebenthannmühle

An Sommer-Sonnentagen ist der ehemals verlassene Ort inzwischen so belebt, dass Haids mit dem Ausschank gar nicht mehr nachkommen und auch mal der Kuchen oder das „Seezüngle“ (eine Art Bionade vom Bodensee) ausgeht oder das Geschirr nicht reicht. Als Wirtsleute haben sie noch etwas Nachholbedarf. Als Retter des historischen Gebäudeensembles haben sie aber ganze Arbeit geleistet.

In der Liebenthannmühle wird Geschichte lebendig

Brigitte und Steffen Haids hatten unter dem Verfall die Schönheit und die geschichtliche Bedeutung des Ortes entdeckt. Die Mühle war wohl ursprünglich im 13. Jahrhundert als Teil der Anlage von Schloss Liebenthann erbaut worden. Im 30-jährigen Krieg wurde sie von den Schweden niedergebrannt und danach im Stil der Spätrenaissance wieder aufgebaut, später dann barockisiert. Anfang des 20. Jahrhunderts diente das Wasserrad in der Günz dann zur Stromerzeugung, das Anwesen drum herum wurde aber vernachlässigt und verfiel nach und nach.

Das Ehepaar Haid restaurierte die Anlage so vorbildlich, dass sie dafür 2011 den Denkmalpreis des Bezirks Schwaben bekam. Im ehemaligen Müllerhaus mit der Mahlstube wohnt das Paar heute selbst, darüber sind zwei sehr stilvolle Ferienwohnungen eingerichtet.

das Müllerhaus der Liebenthannmühle im Günztal
Hausnummer 44

Im ehemaligen Stadel ist heute die Gastronomie untergebracht. Wenn ihr einmal in der Stube sitzt, solltet ihr euch die gediegene Balkendecke genauer ansehen. Sie stammt nämlich aus dem 16. Jahrhundert und ist damit rund 80 Jahre älter als der Rest des Stadels. Ein architektonisches Rätsel, das sich dadurch erklären lässt, dass die Decke wohl ursprünglich im Schloss Liebenthann verbaut war und bei dessen Abbruch wiederverwendet wurde.

früher Stadel, heute Gaststube der Schlossmühle Liebenthann im Günztal
Eingang zur Gaststube in der Schlossmühle Liebenthann

Die Mühle funktioniert noch

Steffen Haid ist mit Recht sehr stolz auf seine Mühle und macht regelmäßig Führungen, bei denen er auch das wieder funktionstüchtige Mühlrad vorführt, das er wahlweise zur Stromerzeugung oder zum Betreiben einer Holzsäge verwendet. Daneben ist er sehr engagiert im Bund Naturschutz, weswegen von der Mühle aus auch geführte Naturerlebnis- und Biberwanderungen angeboten werden.

Stauwehr an der Schlossmühle Liebenthann

Falls ich euch neugierig gemacht habe und ihr dorthin einen Ausflug machen oder euch in einer der sehr schönen Ferienwohnungen einmieten wollt: Mehr Informationen findet ihr auf der Website der Schlossmühle Liebenthann.

Noch ein Tipp für Ausflügler: Am schönsten ist es in der Liebenthann-Mühle am späteren Nachmittag, wenn sich der Schönwetter-Ausflugs-Trubel ein wenig legt und wieder Ruhe einkehrt.

Stadel der Liebenthannmühle an der Günz

Was ihr in der näheren Umgebung noch unternehmen könnt:

Im Wald sind, nur 20 Minuten zu Fuß entfernt, noch Reste von Schloss Liebenthann zu finden, zu dem die Mühle ehemals gehörte. Gegenüber, auf der anderen Seite der Staatsstraße, liegt die Teufelsküche, die zu den 100 schönsten Geotopen Bayerns gehört und ebenfalls einen Entdeckerspaziergang lohnt.

Kategorie: Kultur und Genuss

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Oft und gerne tief im Allgäu unterwegs als Bloggerin und Reiseführerautorin

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